Der Sommer in Lettland ist kurz, aber voll von gastronomischen Artefakten, die jeder zur richtigen Zeit und am richtigen Ort genießen will. Der Lette lebt im Sommer in einem Atem mit Mutter Natur- er schafft in seinem von Eltern oder Großeltern angelegtem Garten, wo ein bisschen von Allem wächst, er begibt sich in den Wald um Pilze oder Beeren zu sammeln, oder zum Fluss oder zum See- um zu angeln. Deswegen wird das Dessert mit einer Kirsche gescmückt, deswegen reihen sich auf dem Küchentisch Gläser mit Waldbeerenmarmelade, deswegen werden auf dem Rost oder in der Räucherei selbstgefangene Fische zubereitet.
Der Wels.
Der größte Fisch Lettlands, der fabelhafte König in den Tiefen der Daugava, kann bis drei Meter Länge und einhundert fünfzig kg Gewicht erreichen. Auch in der Gastronomie verlangt der Wels eine besondere Behandlung, denn sein Fleisch ist ziemlich fett und faserig, insbesondere, wenn er schwerer als 15 kg geworden ist. Deshalb haben die Daugava-Fischer den Wels immer in Stücke zerteilt und kalt geräuchert, im Unterschied zu anderen Fischen: wenn man den Rauch nicht beherrscht und zu stark geräuchert wird, fließt alles Fett raus, wenn der Rauch zu schwach ist, wird der Fisch roh bleiben. Heutzutage hilft das Abhängen von ausgenommenen, aber ungeteilten Fang den fetten und schwerfälligen Wels in eine delikate Restaurantspeise zu verwandeln- zwei bis drei Tage fast wie Wild und schon kannst du einen delikaten, leicht rötlichen Fisch von zarter Konsistenz servieren, dazu noch aus den Gräten eine kräftige Brühe kochen.
Sauerkirschen.
Eine Spezialität Europas und auch des kurländischen Herzogtums . Früher wurden für die Bedürfnisse des Hofs in Jelgava in besonderen Gärten des Herzogs auf dem linken Ufer der Venta angebaut. Sauerkirschen sind für die Gesundheit viel nützlicher als Süßkirschen, weil es in diesen süßsauren Beeren neben Vitaminen und Mineralstoffen viel Melatonin gibt, was dem menschlichen Körper und Geist hilft, sich gegen die Alterung und Schlaflosigkeit zu wehren. Wenn wir jedoch von der Gastronomie reden, sind ernsthafte Wirtinnen der Meinung, dass für eine Marmelade, ein Sirup oder Wein nur die Sauerkirsche tauglich ist. Apropos, wir haben unsere sehr ehrenwerten Sauerkirschsorten bereits länger als hundert Jahre. In unseren Gärten werden „Latvijas zemais“, „Zentenes“,“ Alus“, „Kempes“ und „Daugmales stikla“ Kirschsorten angebaut. Ein gutes Souvenir für die Gäste Lettlands wird ein Kissen mit Kirschsteinfüllung sein.
Multbeeren.
In hohen Mooren Lettlands bringt diese nördliche Rotbacke zarte Beeren zur Reife, die kurz vor der Vollreife zu pflücken sind, sonst sind sie nicht zu sammeln. Weiter nach Süden ist es für sie zu heiß. Für Letten aber ist sie mehr als eine aromatische Waldbeere- ja, gerade Multbeeren hat in einem der beliebtesten lettischen Filme dessen Heldin Baiba in eine Tüte aus Birkenrinde gesammelt. Leider verstecken sich Multbeeren in immer tieferen und weitergelegenen Sümpfen, aus Angst vor Holzfällern und Kommerzsammlern. Doch wenn es gelungen ist sie zu sammeln, kann man daraus eine honigähnliche Marmelade kochen, die ausgezeichnet gut zu Dessertkäse schmeckt, oder einen Kompott, der unvergleichbar ist. Es sei wie es ist, die Multbeere ist die Königin der modernen Waldgastronomie.